Sol Gabetta und Patricia Kopatchinskaja – zusammen eine Klasse für sich
Als sie sich kennenlernten, so erinnert sich Sol Gabetta an das erste Zusammentreffen mit Patricia Kopatchinskaja, hätten sie sofort eine besondere Verbindung gespürt: wie eine zarte Blüte, die sich frisch entfaltet. Und auf den ersten Blick scheint es auch gar nicht verwunderlich, dass die beiden Künstlerinnen sich gefunden haben.
Beide entstammen musikalischen Familien und fingen schon im Kindesalter an zu musizieren. Beide verschlug es zum Studium in die Schweiz, sie haben die gleichen renommierten Klassik-Preise gewonnen und touren als Solistinnen um die Welt. Erst auf den zweiten Blick offenbaren sich die Unterschiede: Die Violinistin Patricia Kopatchinskaja musiziert wild und impulsiv, bewegt sich gern abseits der Norm, versucht, „verkrustete Konzertsituationen aufzurütteln“. Sol Gabetta hingegen wird von Kritikern gern als Elfe bezeichnet, scheut Extravaganzen und konzentriert sich auf die Feinheiten, die kleinen Nuancen, die sie ihrem Violoncello mit untrüglichem künstlerischem Instinkt zu entlocken weiß.
Vielleicht sind es aber gerade diese Unterschiede, die die beiden Musikerinnen auf der Bühne zu einem untrennbaren und harmonischen Ganzen verschmelzen lassen. „Es ist wie ein Gespräch“, sagt Kopatchinskaja in einem Interview, „und weil wir uns so gut kennen, müssen wir auch nichts erklären. Es geht mehr darum, frei zu sein und uns auszudrücken.“
Magische Momente
Das gegenseitige Vertrauen der beiden ist so tief, dass sie auf der Bühne gemeinsam mehr Risiken eingehen als sie es mit anderen musikalischen Partner:innen tun würden – „wie Akrobatinnen. Wenn ich richtig hoch springe, ist sie sofort da.“ Sie wollen eben einfach Musik machen, magische Momente entstehen lassen. Und das bedeutet auch, alle Freiheiten zu finden, die der Notentext ihnen als Interpretinnen zu bieten hat: „Noten sind wie ein Himmel voller Sterne. Sie sind da, aber du musst deine eigene Geschichte aus ihnen herauslesen“, findet Patricia Kopatchinskaja. Und das tun sie und Sol Gabetta in all ihren gemeinsamen Projekten. Im Konzert suchen sie aktiv den Kontakt zum Publikum, wollen ihre Version der Geschichte erzählen. Neben ihren Instrumenten nutzen sie dafür auch ihre Stimmen, moderieren ihre Konzerte oft selbst. Denn beide haben das Gefühl, dass – besonders in der klassischen Musik – die Distanz zwischen Musiker:innen und Publikum immer größer wird.
Werke von Ravel, Bach und anderen
Vergangene Veranstaltung
„Und damit komme ich nicht zurecht“, so Patricia Kopatchinskaja. „Ich habe wirklich das Gefühl, dass ich diesen Text – unsere Geschichten – in das Herz eines jeden Zuhörenden bringen muss. Und das Interessante daran ist, dass es nicht darum geht, was der Komponist geschrieben hat, es geht nicht darum, was wir gespielt haben – das Endergebnis ist im Kopf des Zuschauers. Er wird verstehen, was er versteht, und das liegt nicht in unserer Hand. Was wir tun können, ist, mit dem Publikum zu sprechen – aber es wirklich anzusprechen – persönlich!“
Also erzählen Sol Gabetta und Patricia Kopatchinskaja Geschichten aus unterschiedlichsten Epochen, machen sich Werke zu eigen, die eigentlich für andere Instrumente komponiert wurden – und erschließen so scheinbar nebenbei neues Repertoire für die Duobesetzung Violine und Violoncello. Die zarte Blüte dieser Künstlerinnenfreundschaft ist längst zu einer strahlenden Blume erwachsen. Und sie ist eines jener seltenen Exemplare, denen der Lauf der Zeit nichts anzuhaben scheint – ganz im Gegenteil.